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Unsere Seag’schicht’n

Märchen und Momente, Mystik und Magie

Geschichte oder Geschichten? Traum oder Wirklichkeit? Kaum merklich verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und Fiktion. Es raunt der Kuckuck, es flüstert die Zirbe, es gurgelt der kleine Bach. Und alle erzählen Erlebtes und Fantastisches. Rund um den Wolfsgrubner See.

Ein Wiedersehen mit der Freiheit - Teil 5

In den folgenden Wochen war Marie wie die sommerliche Welt am Wolfsgrubener See: aufgeblüht. Während die Grashalme mit dem Grün der Bäume um die Wette eiferten und die Margeriten ihre Köpfchen gen Himmel reckten, hatte Marie ihr Herz wieder geöffnet für all die schönen Dinge um sie herum. Wann hatte die Heimkehrerin zuletzt einfach nur in der Wiese gelegen und in den Himmel geschaut? Sie erinnerte sich selbst nicht mehr daran,...

...aber umso mehr genoss sie es jetzt in jedem Augenblick. Nach einer Weile Vogelgezwitscher-Lauschen und Wolken-Staunen setzte Marie sich auf und beobachtete die anderen Menschen hier am See, wie sie die Wasserperlen auf ihrer Haut von den Sonnenstrahlen trocknen ließen und wie sie miteinander lachten. Ein junger Mann kam ihr bekannt vor. Die blonden Haare, das verschmitzte Lächeln … Und noch bevor sie seinen Namen in Gedanken geflüstert hatte, drehte er sich in ihre Richtung um und blieb vor Verwunderung wie angewurzelt stehen. Für einige Sekunden lief die Bilderbuch-Welt um Marie in Zeitlupe weiter. „Felix”, sagte sie ganz leise. Mit einem Mal war Marie unglaublich nervös. Sie hatte ihrem besten Freund damals, als sie nach Irland zog, nicht einmal „auf Wiedersehen” gesagt und fürchtete nun, dass er ihr das plötzliche Verschwinden übel genommen hatte. Gleichzeitig freute sie sich unglaublich ihn zu sehen. Was sollte sie jetzt tun? Hinübergehen? Den Blick wieder abwenden? Sie entschied sich für ein zaghaftes Winken. Felix wandte sich ab. Nun ja, was hatte sie sich erwartet? Marie schluckte ihre Verbitterung hinunter und ging ins Wasser, bis es tief genug war, um unterzutauchen. Sie liebte das Rauschen der Unterwasserwelt und saugte es in sich ein, bis sie zum Luftholen wieder auftauchen musste. „Dreißig Sekunden! Gar nicht übel. Aber früher konntest du es länger!” Marie musste aufpassen, dass sie sich nicht verschluckte, als Felix auf einmal auf sie zuschwamm. „Hi, Nachbarsmädchen. Lust auf die Insel zu schwimmen?”, grinste er und tauchte voraus, ohne ihre Antwort abzuwarten. Kurz darauf hockten die Beiden triefend, tropfend und schweigend nebeneinander auf der Insel. „An dem Baum hab ich dich damals angebunden, um dich vor den Knollberger zu beschützen, weißt du noch?”, unterbrach Felix schließlich die Stille und zeigte auf den Baum hinter sich. Die Knollberger, entsann sich Marie, das waren doch die Fantasiegestalten, die sie und Felix sich als Kinder ausgedacht hatten. „Wahnsinn, wie lange das schon her ist “, erwiderte sie. Dann schüttete Marie ihrem wiedergefundenen Freund ihr Herz aus: „Es hat etwas gedauert, bis ich wieder zuhause angekommen bin … also nicht physisch, so mit dem Kopf usw. Aber jetzt bin ich echt froh wieder hier zu sein. Weißt du, was verrückt ist?” Marie schaute zwei Fröschen im See beim Spielen zu. „Ich bin damals fortgegangen, um etwas zu finden und hatte es eigentlich die ganze Zeit hier direkt vor meinen Augen.” „Was meinst du?”, wollte Felix ehrlich wissen. „Na, mich selbst. Wo findet man sich selbst besser, als an dem Ort, den man am meisten liebt und an der Seite der Menschen, die man am meisten …” Marie stockte und wurde rot. Felix lächelte sie an und sagte neckisch: „Ich bin froh, dass du wieder hier bist. Die schwarzen Haare haben was!” „Du bist ein Idiot”, rief Marie kichernd und schubste ihren besten Freund zurück ins Wasser, um ihm dann hinterherzuspringen. Und mit einem Mal waren sie wieder die Kinder von früher, die miteinander im Wasser spielten, scherzten und frei von allen Sorgen dieser Welt waren.